Quartierstützpunkte – mit hohem Pflegebedarf in der eigenen Wohnung, Thurvita AG
I-2014-025 / Bewilligungsjahr: 2014 / Abschlussjahr: 2019
Dienstleistungen im Übergang zwischen ambulant und stationär, das sollen in Zukunft neue Quartierstützpunkte in der Region Wil (SG) anbieten. So soll auch für Menschen mit hohem Pflegebedarf das Wohnen in der eigenen Wohnung möglich bleiben.
Projektbeschrieb
Die Thurvita AG ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die 2012 aus dem vormaligen Zweckverband der Gemeinden Wil (SG), Rickenbach (TG), Niederhelfenschwil (TG) und Wilen (TG) entstanden ist. Die Organisation erbringt in ihrer Versorgungsregion stationäre und ambulante Pflegedienstleistungen. Die Spitex, drei Alters- und Pflegezentren sowie drei dezentrale Pflegewohngruppen wurden unter ihrem Dach organisatorisch zusammengeführt. Sie betreut 250 stationäre Heimplätze sowie rund 600 ambulant betreute Spitex-Klienten.
Im Rahmen ihrer umfassenden regionalen Pflege- und Betreuungsfunktion spürt die Thurvita AG die strikte konzeptionelle Trennung zwischen ambulanter und stationärer Pflege in besonderem Mass. Die Projektverantwortlichen sind sich einig, dass diese Trennung in erster Linie systembedingt, jedoch kaum sachlich begründet ist. Sie verhindere vielmehr, dass alle Möglichkeiten der Pflege in einer Alterswohnung ausgeschöpft werden können. Dies führe oft zu verfrühten Heimeintritten.
Um diesen Missstand zu beheben und betagten Menschen mit hohem Pflege- und Betreuungsbedarf das Leben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, wurde ein neues Angebot geschaffen: «Älter werden im Quartier». Das Konzept sieht vor, dass die Thurvita AG geeignete Wohnungen im Bestand oder im Neubau übernimmt und mit einem Quartierstützpunkt ergänzt. In diesen Stützpunkten sollen die Spitex-Leistungen für das Quartier und die Leistungen in den Alterswohnungen zu einer umfassenden Palette von Pflege- und Hilfeleistungen zusammengeführt werden. Im Unterschied zum pauschalen Leistungsangebot eines Heims beziehen die Wohnungsmieter ihre Leistungen entsprechend ihrem Bedarf. Bei schwerem Pflegebedarf werden in den Alterswohnungen umfassende («stationäre») Pflege und Betreuung angeboten, die dann preislich denen eines Pflegeheims entsprechen.
Für das Pilotprojekt wurden vorerst die Standorte Flurhof (Alterssiedlung mit dezentraler Pflegewohngruppe) und Sonnenhof (Alterswohnungen mit angrenzendem Heim) ausgewählt. Die Erfahrungen bei diesen Standorten sollen in einen weiteren Pilotbetrieb am dritten Standort in Bronschhofen einfliessen.
Das Projekt «Älter werden im Quartier» wurde zusammen mit dem Projekt «Thurvita Care» extern evaluiert. «Thurvita Care» richtet sich an Personen, welche nach einem Spitalaufenthalt noch Zeit für ihre Rekonvaleszenz und Rehabilitation brauchen. Das Angebot gewährleistet eine intensivere therapeutischen Versorgung im Heim (max. 12 Wochen), um den Patienten eine möglichst schnelle Rückkehr nach Hause zu ermöglichen.
Der Schlussbericht (2019, 48 Seiten) fasst die die Erfahrungen der Thurvita AG mit den beiden Pilotprojekten sowie die Resultate der externen Evaluation zusammen. Der Bericht zeigt dabei auf, auf welchen Ebenen die Voraussetzungen für neue Betreuungslösungen noch geschaffen werden müssen.
Eckdaten
Trägerschaft | Thurvita AG Haldenstrasse 18, 9500 Wil |
Projektleitung | Peter Braun Leiter Quartierstützpunkt Flurhof |
Architektur / Berater | C. Feldkircher, FIRM, Speicher AR |
Weitere Berater | Begleitevaluation / Wissenschaften: ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften |
Beitrag der Age-Stiftung | CHF 310'000 |
Kommentar der Age-Stiftung
Kommentar zur Bewilligung 2014
Mit dem Konzept der Quartierstützpunkte können wichtige Fragen exemplarisch beantwortet werden. Breit abgestützte gesundheitspolitische Zielsetzungen wie «Ageing in Place» und «ambulant vor stationär» fordern neue Spielräume: für die Gemeinden, welche die pflegerische Versorgung sicherstellen müssen, für die Dienstleister, welche dafür stets beschränkte Ressourcen einsetzen können, und für die Pflegefachleute, die mit neuen Arbeitsbedingungen konfrontiert werden. Deshalb ist nicht nur das Modell an sich bemerkenswert. Auch in den Entwicklungs- und Umsetzungsprozessen dürften einige derzeit offene Fragen eine Antwort finden – aber es dürften auch Fragen aufgeworfen werden. Aus diesem Grund wird das Projekt wissenschaftlich begleitet. Die Resultate der Studie werden nach Projektabschluss an dieser Stelle publiziert.
Kommentar zum Abschluss 2019
Das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG) der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat parallel zur Durchführung der Pilotprojekte eine externe Begleitevaluation zu den Teilprojekten «Älter werden im Quartier» und über «Thurvita Care» durchgeführt. Der Erfahrungsbericht der Thurvita AG und die Zusammenfassung der wissenschaftlichen Ergebnisse beleuchten Unwegbarkeiten; geben aber auch richtungsweisende Hinweise zu potenziellen Gelingensbedingungen. Bemerkenswert ist dabei nicht zuletzt die Erkenntnis, dass die Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Betreuung nicht allein in der Politik und in den Versorgungsstrukturen, sondern auch im Selbstverständnis der Fachkräfte sowie in den Köpfen der älteren Menschen und ihrer Angehörigen überwunden werden müssen.
Materialien zum Projekt
Profil
Matrix: Thurvita, I-2014-025, SG
Pflege | |||
Hilfe & Betreuung | |||
Soziale Einbindung | |||
Wohnung | |||
Privat | Organisiert | Institutionell |
Schwerpunkte
Kontakt
Thurvita AG
Alard du Bois-Reymond
Haldenstrasse 18
9500 Wil SG
Tel.: 071 914 66 00
E-mail: alard.dubois@thurvita.ch
www.thurvita.ch