Einfache Massnahmen für seh- und hörbehindertenfreundliche Wohnumfelder
I-2020-058 / Bewilligungsjahr: 2020 / Abschlussjahr: 2021
Das Projekt «Wie bitte?» will ein seh- und hörbehindertenfreundliches Wohnumfeld fördern. Da Personen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen im Alltag auf viele Hindernisse treffen, die andere Personen kaum wahrnehmen, bedeutet das eine grosse psychische Belastung und wenig Zugang zu sozialer Teilhabe.
Projektbeschrieb
20 bis 30% der Gesamtbevölkerung im Alter von über 80 Jahren sind von einer Seh- oder Hörbeeinträchtigung betroffen. Dies führt häufig zu zusätzlichen motorischen Einschränkungen und geschwächten Kompetenzen in alltäglichen Aktivitäten. Auch psychische Auffälligkeiten wie Aggression oder Depression sowie kognitive Einschränkungen und inadäquates Verhalten können die Folge von Seh- und Hörbehinderungen sein. Isolation und Pflegeabhängigkeit sind nicht selten das Resultat.
Um dieser Problematik entgegenzutreten, fördert der Verein für Menschen mit Sehbehinderung im Alter die Entwicklung von Fachwissen und die Verbreitung von entsprechenden Kenntnissen über Fakten, Probleme und Entlastungsmöglichkeiten in Zusammenhang mit Seh- und Hörbehinderung im Alter. Er gründete das Kompetenzzentrum Seh- und Hörbehinderung im Alter (KSiA), das sich bis zu seiner Auflösung im Juni 2021 für die Betroffenen von im Alter erworbenen Sinnesbehinderungen einsetzte und das Pilotprojekt «Wie bitte?» umsetzte – trotz den erschwerten Bedingungen während der Pandemie. Der Verein für Menschen mit Sehbehinderung im Alter ist weiterhin aktiv.
Ein sensibilisiertes Umfeld und einfache Massnahmen im Bereich der Orientierung und Kommunikation können viel dazu beitragen, Barrieren im Wohnalltag von Personen mit Hör- oder Sehbehinderung zu verringern oder zu verhindern. Denn einerseits können mit einfachen Hilfsmitteln die Selbstständigkeit und die soziale Teilhabe von Betroffenen erhalten und gestärkt werden. Andererseits können informierte Nachbarn und Mitarbeitende der Vermieterschaft ein seh- und hörbehindertenfreundliches Wohnumfeld fördern – auch privat und ohne professionelle Unterstützung. Aus dieser Überzeugung entstand das Pilotprojekt «Wie bitte?».
Im Pilotprojekt «Wie bitte?» wurden in ausgewählten Siedlungen von vier mittleren und grossen Wohnbaugenossenschaften pragmatisch umsetzbare Massnahmen vermittelt und deren Implementierung motiviert – sowohl bei den betroffenen Siedlungsbewohnenden und ihren Nachbarn als auch bei der Verwaltung und der Hauswartung. Zudem wurde eine vermehrte Thematisierung angeregt, da viele Betroffene sich scheuen, ihre Einschränkungen zur Sprache zu bringen. Ein sensibilisiertes, zugewandtes Umfeld kann helfen, diese Scham zu reduzieren. Zentral bei der durch die Pandemie eingeschränkten Wissensvermittlung war bzw. ist eine im Rahmen des Projekts entwickelte und höchst alltagspraktische Broschüre (Download unter Materialien).
Das Projekt wurde durch das das Büro BASS evaluiert (2021, 21 Seiten). Der Schlussbericht des Kompetenzzentrums und der erweiterten Projekt-Steuergruppe (2021, 10 Seiten) hält die in der Pilotphase gewonnenen Erkenntnisse fest.
Eckdaten
Trägerschaft | Kompetenzzentrum Seh- und Hörbehinderung im Alter – KSiA Bederstrasse 102 8002 Zürich |
Projektleitung | Projektkoordination / -leitung: Judith Wildi |
Partnerorganisationen | Bundesamt für Wohnungswesen (BWO), WBG CH, Wohnen Schweiz; BAHOGE (ZH), Waidmatt (ZH), EBG Bern, OeWL (LU) |
Weitere Berater | Dr. Alexander Seifert, FHNW (Evaluation) |
Finanzierungspartner | Eidgenössisches Büro für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (EBGB), BWO, Stelle Prävention und Gesundheitsförderung im Alter des Kantons Zürich, diverse private Stiftungen |
Gesamtprojektkosten | CHF 75'800 (Budget). Pandemiebedingt höherer Aufwand |
Beitrag der Age-Stiftung | CHF 20'000 |
Kommentar der Age-Stiftung
Kommentar zur Bewilligung 2020
Dass das neue Pilotprojekt «Wie bitte?» des KSiA in einer Kooperation mit Wohnbaugenossenschaften durchgeführt wird, ist zielführend. Es braucht konkrete Beispiele dafür, wie und mit welchen Massnahmen soziale Barrierefreiheit erreicht werden kann. Und es braucht gezielte Anstrengungen, um diese dadurch gewonnenen Erkenntnisse einem breiteren Feld zugänglich zu machen. Dadurch leistet das Projekt einen wesentlichen Beitrag dazu, Menschen mit Einschränkungen ein Leben im selbstständigen Haushalt zu ermöglichen, auch wenn die Hör- und Sehbehinderungen erst im höheren Alter entstanden sind.
Kommentar zum Abschluss 2021
Das Kompetenzzentrum Seh- und Hörbehinderung im Alter KSiA hat das Pilotprojekt «wie bitte?» unter sehr schwierigen Bedingungen umsetzen müssen. Dank hoher Flexibilität wurden dabei wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Sie sind eine wertvolle Grundlage bei der Entwicklung von Wohnumfeldern, die den Bedürfnissen älterer Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen gerecht werden – nicht zuletzt auch auf der sozialen Ebene der Nachbarschaft.
Die Pandemie hat viele für das Projekt wichtige Veranstaltungsformate und persönliche Kontakte verhindert. Sie wurden bestmöglich durch die Publikation einer Broschüre kompensiert, die für ihre Zielgruppen sowohl eine gut zugängliche und verständliche Informationsquelle als auch eine praktische Anleitung für den Wohnalltag darstellt.
Das KSiA hat ihren Betrieb Mitte 2021 einstellen müssen. Zehn Jahre lang hat sie die Bedeutung von Seh- und Hörbehinderung im Alter als pflegerische und betreuerische Aufgabe geschärft und mit zahlreichen Fachartikeln und didaktischen Materialien dazu beigetragen, dass Sinnesbehinderung in Fachkreisen als pflegerelevantes Thema wahrgenommen wird und insbesondere die Verwechslungsgefahr von Sinnesbehinderung und Demenz bekannter wurde.
Materialien zum Projekt
Profil
Matrix: KSiA – Wie bitte, I-2020-058, ZH
Pflege | |||
Hilfe & Betreuung | |||
Soziale Einbindung | |||
Wohnung | |||
Privat | Organisiert | Institutionell |