Incanto: Musik als Erinnerungsinseln für Menschen mit Demenz

I-2018-047 / Bewilligungsjahr: 2018 / Abschlussjahr: 2021

Persönliche Musik soll für Menschen mit Demenz Erinnerungsinseln erschaffen und so das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Die Beobachtung von Reaktionen dient dazu, die Musikinterventionen bezüglich Dauer, Umgebung und Art der Musik stetig zu optimieren. Eine Studie überprüfte die Wirksamkeit des Ansatzes.

Projektbeschrieb

Domicil Kompetenzzentrum Demenz Bethlehemacker betreut 73 Menschen. Seit 2016 setzt es in der Arbeit mit Menschen mit Demenz konzeptgeleitet Musik ein. Aufbauend auf Erfahrungen mit amerikanischen musikbasierten Betreuungsansätzen wurde das auf Schweizer Verhältnisse abgestimmte Betreuungskonzept Incanto entwickelt und evaluiert.

Das übergeordnete Ziel von Incanto besteht darin, das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz positiv zu beeinflussen, indem mit ihrer persönlichen Musik Erinnerungsinseln geschaffen werden. Beim Anhören der Musik werden nicht nur die Erinnerungen, sondern auch die damit verbundenen Emotionen geweckt und ins Hier und Jetzt geholt. So kann die Musik gezielt stimmungsfördernd eingesetzt werden.

In der konkreten Umsetzung wird den Bewohnerinnen und Bewohnern und ihren Angehörigen das Vorgehen erklärt und ihr Einverständnis eingeholt. Durch den Einbezug der Angehörigen wird ein aktiver Weg der Begegnung und Anteilnahme ermöglicht: In einem Leitfadeninterview machen die Angehörigen Angaben zum Musikgeschmack, woraus eine erste Version einer persönlichen Wiedergabeliste der «Lieblingsmusik» zusammengestellt wird. Ein Musikpotpourri oder die erste Version der erstellten Liste wird im eng begleiteten Einzelkontakt abgespielt und aufgrund der Reaktionen die Wiedergabeliste von Mal zu Mal verbessert. Die personalisierte Wiedergabeliste wird auf einem mp3-Player gespielt und kann so den Bewohnerinnen und Bewohnern zu passenden Zeitpunkten mit Kopfhörern zum Hören gegeben werden. Es wurde aber auch ein Ohrensessel entwickelt, der als Hörstation dient und auf sehr hohe Akzeptanz in den Pflegeabteilungen stösst. Ein wichtiger Unterschied von Incanto im Vergleich zu anderen musikbasierten Betreuungskonzepten ist die persönliche Begleitung. Die Interaktion mit der Begleitperson beim Musikhören gehört zu den wesentlichen Einflussfaktoren, die zum Wohlbefinden der Gepflegten beitragen.

Die ermutigenden Resultate der Begleitstudie führten zur Gründung der Fachstelle Incanto. Sie gibt ihr Know-how sowie Grundlagen und Arbeitsmaterialien an interessierte Institutionen weiter. Zudem bietet Incanto fachliche Begleitung und eine Zertifizierung an. Weitere Informationen zur Wirkung von Musik auf das Wohlbefinden von Personen mit dementiellen Erkrankungen sowie zur Entwicklung von Incanto finden sich im Schlussbericht (2021, 20 Seiten).

Eckdaten

TrägerschaftDomicil Bern AG, Engehaldenstrasse 20, 3001 Bern
ProjektleitungNico Meier, Leiter Soziokultur / Aktivierung, Domicil Kompetenzzentrum Demenz Bethlehemacker
Weitere Berater

Andrea Ermler, Leiterin Pflege und Entwicklung, Domicil Bern AG

Manon Bruinsma, Direktorin Music & Memory Europa
Gesamtprojektkosten CHF 179'000
Beitrag der Age-StiftungCHF 120'000

Kommentar der Age-Stiftung

Kommentar zur Bewilligung 2018

Die Betreuung und Behandlung von Menschen mit Demenz bringen grosse Herausforderungen mit sich. Für die Betroffenen ist die Verlegung in eine Institution mit grosser Verunsicherung und Stress verbunden. Das führt oft zu agitiertem Verhalten, negativen Affektlagen und sozialem Rückzug. Pflegefachpersonen und behandelnden Ärzten fällt es unter diesen Umständen schwer, einen Zugang zu den Betroffenen zu finden. Dadurch werden die Behandlung und Pflege zur Herausforderung. Der musikalische Ansatz, den das Domicil Kompetenzzentrum Demenz Bethlehemacker verfolgt, ist vielversprechend und sollte anhand von deutschsprachigen Hilfsmitteln in der Schweiz multipliziert werden.

Kommentar zum Abschluss 2021

Was als Pilotprojekt im Jahr 2016 in einer Altersinstitution begann, hat sich zur Fachstelle «Incanto» weiterentwickelt. Sie bietet Schulungen, umfangreiche Hilfsmittel und Coaching für die Umsetzung, sowie schweizweite Vernetzung an. Sogar eine Zertifizierung ist möglich. Der lesenswerte Erfahrungsbericht liefert nicht nur Informationen über die Entwicklung des Projekts, sondern schildert auch fundiert und eingängig die Wirkung von personalisierter Musik. Zu lernen ist dabei, dass die geplante Pflegeintervention oder spontane Aktivierungssequenz dann wirksam wird, wenn Musik gemeinsam gehört wird und als zwischenmenschliche Begegnung gestaltet wird. Wie das geht, erfährt man ebenfalls im Bericht oder direkt über domicilbern.ch 

Bilder

Bild: Jos Schmid
Bild: Fabian Schluep
Bild: Jos Schmid
Bild: Jos Schmid

Materialien zum Projekt

Profil

Matrix: Domicil Bethlehemacker, I-2018-047, BE

Domicil BethlehemackerI-2018-047
Vorsorge (Sicherheit)Wohntypus (Autonomie)
Pflege
Hilfe & Betreuung
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Wohnung
PrivatOrganisiertInstitutionell

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23.03.2021